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Bürgerforum „Ein Dialog für Gera“

Das Bürgerforum endete im Streit. Der bleigraue Himmel spendete auch keinen Trost. Fortsetzung unbekannt. Foto: H. Frank

Erschienen am 01.11.2023| Jahrgang: NG 22/23

Gera (NG). 150 Stühle standen am 20. Oktober bereit für die Teilnehmer am Bürgerdialog in der Handwerkskammer in Aga. Sie waren alle besetzt, geschätzt mindestens weitere 100 Menschen standen hinter den Stuhlreihen. Einige wollten nicht in den Saal, andere hatten wie gehört Hausverbot. Und die mit dem Trecker angereist waren, blieben eh draußen. Ab 14:30 lag der Protest in der Luft, Trillerpfeifen und Hupen machten allen klar, hier haben die Anwohner ein Heimspiel. Schon der Start war holprig. Der Investor hatte für 16:30 eingeladen, Einlaß 16:00. In der BI-Information war daraus irgendwie 15:00 geworden. Der erste Frust entlud sich, weil diese Anwohner vor der Tür warten mußten. 

Ein sehr ruhiger und besonnener Moderator startete pünktlich und wollte alle Teilnehmer auf einige Grundregeln verpflichten: ausreden lassen, keine Fragen zwischendurch, sachlich bleiben, keine Störungen. Herr Sun aus Korea sprach einige Begrüßungsworte, der schma­le Applaus kam nur von den allerhöflichsten. Frau Dr. Schröter, die Projektleiterin trug in schon bekannter ruhiger Art vor, aber es gab wenig Neues zu hören. Die Liegenschaftskarte war nicht ge­nordet, deshalb vermutete sie den Wind vorherrschend aus Süd, was natürlich zu hämischer Entrüstung führte. Die Ausführungen waren zu lang und viel zu technisch, den Menschen brannten andere, nämlich ihre Fragen unter den Nägeln. Auf die wissenschaftliche Seite einer Projektierung wollte keiner wirklich eingehen, „TA Luft" war den meisten noch ein Fremd­wort. Und von Vergleichswerten zur Nickel-Belastung aus Geras Innenstadt und der deutlichen Einhaltung der Grenzwerte in Cretzschwitz wollte kaum einer Notiz nehmen. „Wozu Grenz­werte, wir wollen gar kein Gift in der Luft!" Sehr emotional, aber wirklichkeitsfremd. Und argumentativ kaum zu begegnen sind Meinungen wie: „Wir werden in diesem Land immer belogen und betrogen. Warum sollen wir dies hier jetzt glauben?" 

Es gab ein einziges Mal lautstarke Zustimmung, als verkündet wurde, der Investor wolle sich für die Offenlegung der Antragsunterlagen im Internet stark machen. (Das hatten OTB Peter Zingel und der Autor im vorherigen Pressegespräch eingefordert.) Ärger kam auf, weil der Kommunikationsverantwortliche Ulf Wehner mehrfach seine Liebe zur Wahrheit beteuerte, als ob das nicht selbstverständlich sei. 

Unter wütenden Protesten verließ die Mehrheit der Bürger den Saal, weil sie festgestellt hatten, daß eine Antwort des Investors zum geplanten Ausbau der Anlage falsch übersetzt worden sei. Über 20 Traktoren standen bereit und mindestens 150 Protestler formierten einen Zug zum vorgesehenen Standort im Industriegebiet. 

Fazit: Der Investor und sein Team haben eine Chance vertan, das interessierte Publikum zu erreichen. Die BI vereint ausschließlich Gegner des Projektes, die mit außerordentlichem Engagement eine hohe Mobilisierung geschafft haben. Der Protest ist flächendeckend bis nach Sachsen-Anhalt.

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